Fingierte Authentizität
Literarische Welt- und Selbstdarstellung im Werk des Fürsten Pückler-Muskau am Beispiel seines "Südöstlichen Bildersaals"
Sebastian Böhmer
Das Leben des weitgereisten und seinerzeit weltberühmten Abenteurers und Lebemanns Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1775–1871) ist ebenso wie sein bedeutendes landschaftsgärtnerisches Werk heute außerordentlich gut erschlossen. Seinem umfangreichen literarischen Werk wurde bisher weniger Aufmerksamkeit zuteil, zumal sich das Bild Pücklers als selbstgefälliger Modeautor, der bloß für Geld mit schneller Feder von seinen Reisen berichtet, über lange Zeit ungeprüft erhalten konnte. Zu Unrecht, wie die vorliegende Arbeit zeigt, denn Pücklers literarische Produktion weist ihn einerseits zwar als einen Erben verschiedenster ästhetischer Strömungen wie der Romantik (vor allem E.T.A. Hoffmanns doppelter Wirklichkeit) und des Klassizismus Goetheschen Geistes aus. Anderseits gelingt es ihm jedoch, aus diesem Erbe ein eigenständiges dichterisches Konzept, die fingierte Authentizität, zu entwickeln. In ihr verschmelzen Dichtung und Wahrheit zu einem neuen, eigengesetzlichen Seins-Bereich, in dem die vom Fürsten tatsächlich bereiste Wirklichkeit poetisch erlebt und dargestellt wird: Die bereiste Welt bleibt dabei authentisch beschrieben, aber ihr Erleben ist fingiert.